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Einen Tag in der "nuklearen Zone"

Im Jahre 2010 habe ich den Entschluss gefasst, die “nukleare Zone” einmal zu besuchen. Ich habe die Reise 2 Jahre vorbereitet.

Die Vorbereitungen fingen damit an, wie viel Strahlung ist noch und ist diese für einen Tag gefährlich? Was für eine Firma für die Führung, welche Fluglinie von Hamburg nach Kiew, welches Hotel und welche Kosten kommen auf mich zu? Und und und… aber die Angst war immer im Hinterkopf.

Ich begann, alles im Netz herauszufinden. Es stand für mich fest, eine Führung in deutscher Sprache. Die Strahlung, so stand es auf unzähligen Webseiten, soll für einen Tag absolut nichts dem Körper ausmachen. Ich fand eine Führung in deutscher Sprache über das Portal von “prypjat.com”. Es stand auch fest, das ich ein Hotel in Kiew nehme mit bekannten Namen, ich entschied mich für Radisson. Als Airline habe ich Lufthansa gewählt.
Es erschien mir wichtig, bekannte und damit für mich sichere Firmen zu wählen. Es geht natürlich auch alles im Low-Budget, aber es erschien mir unsicher.

Ich hatte alles gut organisiert und es waren nur noch 4 Wochen bis zur Fahrt nach Kiew mit Besuch in Tschernobyl. Ein Besuch im Tschernobyl Museum von Kiew hatte ich einen Tag zuvor geplant. Es war somit ein 4 tägiger Ausflug. Drei Wochen vor der Fahrt sagte mir die Firma für die deutsche Führung in der “nuklearen Zone” wegen Krankheit ab. Ich bekam ohne Probleme mein Geld zurück. Es galt jetzt schnell eine Firma zu finden, die mich in die “Zone” führt. Es war leider nur noch was in Englisch zu bekommen. Alles gebucht und bezahlt.
Es müsse 14 Tage vor Reiseantritt die Personalien für einen Besuch in Tschernobyl eingereicht werden. Dies tat ich über die Firma, die mich in der “Zone” führte.

Tag 1 Kiew - Museum “GAU im AKW von Tschernobyl”

In dem Museum sind 7000 Exponate (strahlungsfrei) ausgestellt und man kann in 5 Sprachen eine Audioführung machen. Es wird dort die ganze Geschichte mit all ihren Hintergründen dargestellt und gut erzählt. Der Eintritt ist gering aber die Audioführung und das Fotografieren lassen sich die Damen und Herren auch noch bezahlen. Es lohnt sich zu 100%.
Ein Besuch sollte man aus meiner jetzigen Sicht nach dem Besuch von Tschernobyl durchführen. Die gesamte Geschichte wird einem so nah gebracht, dass man ein Besuch und dem damit verbundenem Risiko ablehnt. Was mache ich da nur? Welcher Gefahr setze ich mich aus? Was habe ich alles gelesen? Kann das stimmen?
Ich stellte mir den Abend unzählige Fragen, zu meinem Tagesausflug in die “nukleare Zone”.
Meine Entscheidung nach paar Bier und Wodka: Hinfahren und die eigene Neugierde befriedigen.

Tag 2 Besuch der “radioaktiven Zone” mit Tschernobyl und Prypjat

Um 9h war Treffen in Kiew an einem zentralen Platz. Wir wurden von einer Person in Empfang genommen und in unser Fahrzeug gebracht. Von 4 angemeldeten Teilnehmern blieben 2 übrig. Eine Dame aus Schweden und meine Person. Der Fahrer fuhr uns bis an den 30km Sperrkreis. Wir warteten dort auf den Tourführer in der “Zone”. Der Fahrer, der Tourführer und wir beiden Teilnehmer fuhren nach Ausweiskontrolle und Sicherheitsbelehrung in die “nukleare Zone”. Die Gefühle und Eindrücke sind kaum wiederzugeben.
Wir bekamen gleich einen Geigerzähler. Im Magen drehte sich alles und die Aufregung war zu spüren. Der erste Blick auf den Geigerzähler bei der Einfahrt in die “Zone” war überraschend. Keine Strahlung. Die Anzeige zeigte 0,11µS. Das ist absolut unbedenklich.

Wir fuhren nach Tschernobyl – Stadt. Die Fahrt war kurz und der Tourführer schilderte die ersten Daten zum GAU. Ein Stop an einem kleinen Museum von Tschernobyl war erster Anlaufpunkt. Es wurde dort das Leid und die menschlichen Schicksale von damals bis heute erklärt. Wir fuhren weiter zum Denkmal der Feuerwehrleute, die bei dem GAU als erstes vor Ort waren und ihr Leben verloren haben. Die Strahlung auch dort nur 0,14µS .
Nächster Halt war die Fahrzeuge, der ersten Stunde nach dem GAU. Es mussten damals Fahrzeuge organisiert werden, die ca. 2000°C aushalten und einer unsagbaren Strahlung.
Der Platz war mit ca. 10 Fahrzeugen sehr übersichtlich und man konnte alles gut erkennen.
Die Strahlung lag auch hier nur bei 0,14µS.
Wir fuhren weiter in den 10km Sperrkreis. An dem Grenzpunkt erneut Passkontrolle.
Es ging weiter zu einem ehemaligen Kindergarten. Beim Betreten des Gebäudes stieg die Strahlung plötzlich an. Diese lag jetzt bei 9µS/h. Es war dort alles zerstört und geplündert. Die Räume waren stark am zerfallen. Den restlichen Gegenständen sah man die Zeit an. Die Betten der Kinder standen in Reihe und man erkannte, das hier fluchtartig alles stehen gelassen worden ist. Nach einem kurzen Rundgang verließen wir das Gebäude. Am Ausgang war zu sehen, das hier der Spielplatz gewesen sein muss. Der Platz war völlig von der Natur zurückerobert worden. Die Strahlung schwankte hier zwischen 5 und 15µS.

Der Weg führte weiter in Richtung AKW. Wir kamen immer näher. Es war aus der Ferne der Sarkophag schon zu sehen. Wir hielten ca. 1000m vorher an um den Einlaufkanal und die anderen Blöcke zu betrachten. Es befand sich zum damaligen Zeitpunkt Block 5 und Block 6 im Bau. Diese Blöcke wurden so hinterlassen, wie an dem Tag vom GAU. Die Krananlagen sowie die Gebäude sahen sehr schlecht aus. Wenn man das so sieht, könnte man denken, wann geht es weiter, was wird gebaut. Nach kurzem Halt fuhren wir direkt zum Block 4. Wir hielten ca. 100m vor dem Sarkophag. Die Strahlung betrug hier - man staune - nur 3,02µS. Ein Denkmal zu 25 Jahrestag steht an dem Platz.

Wir fuhren weiter nach Prypjat. Diese Stadt liegt ca. 3km vom Reaktor entfernt. Es erwartete uns erneut eine Kontrolle. Wir konnten ohne Probleme in die „Geisterstadt“ fahren. Die Fahrt erschien unendlich. Keine Leute, keine Autos und kein Leben zu sehen und zu hören. Wir stiegen aus und gingen durch die Stadt. Der Geigerzähler schlug aus zwischen 3µS bis 10µS.
Die Natur geht mit großen Schritten ihren Weg. Straßen, Wege und Plätze werden von Sträuchern und Bäumen eingenommen. Gebäude sind nahm am Zerfall. Die Neugierde zog uns in die Gebäude. Dies ist eigentlich verboten. Wir besichtigten die Schule und einen Supermarkt. Es war alles sehr unheimlich. Geräusche waren zu hören, doch man sah niemanden. Die Gedanken kreisten. Es muss doch mal endlich jemand zu sehen sein. Man wurde das Gefühl nicht los, doch ganz allein zu sein.
Wir gingen weiter zum Festplatz. Es waren dort noch einige Fahrgeschäfte zu sehen. Diese gingen nie in Betrieb. Zum 01.05.86 wurden diese Fahrgeschäfte für eine Feier dort aufgebaut. Die Strahlung schlug plötzlich am Boden auf 75µS aus.
Wir gingen weiter in Richtung Wohnhäuser. Diese sind sehr zerstört. Die Fenster sind eingeschlagen und alles wirkt geplündert. Der Weg führte uns dann wieder zum Auto. Wir fuhren aus der Stadt in Richtung Kraftwerk. Es gab in der Kantine noch ein Essen. Ich schlug dieses aber aus, da mich doch die Ungewissheit einholte. Das Essen sollte aus Kiew sein. Es wird dort für die Arbeiter zubereitet. Die Strahlung in der Kantine betrug 1,52µS.
Nach dem Essen ging es in Richtung Sperrkreis 10km. Dort mussten wir aussteigen und es fand die Kontrolle auf Radioaktivität statt. Es musste sich in ein Gerät gestellt werden, dort wurde man kurz geprüft und die Schranke lies einen frei. Ein Umgehen dieser Kontrolle ist unmöglich, da der Raum bewacht wird.
Danach fuhren wir in Richtung Kiew.

Wer sich für die Geschichte der “Zone” sowie für die Technik der atomaren Energie interessiert, sollte eine Reise nach Tschernobyl wagen. Die Darstellung des GAU mit allen Informationen und Bildern kann nur vor Ort am Besten dargestellt werden.

Frank Vonhoff

Letztes Update: 20.12.2012